Soziale NetzwerkeEuropäischer Datenschutzausschuss verbietet Meta personalisierte Werbung

Die europäischen Datenschützer:innen weisen Irland an, Meta personalisierte Werbung zu verbieten. Diese sei ohne Einwilligung nicht konform mit dem europäischen Datenschutzrecht. Der Social-Media-Konzern will das Verbot mit einem Bezahl-Abo umgehen. Doch es ist fraglich, ob das reicht.

EinSmartphone auf dem Icons von Facebook und Instagram sichtbar sind, vor einem hellen Banner mit dem Meta-Logo.
Der Europäische Datenschutzausschuss ordnet ein Verbot von personalisierter Werbung auf Meta-Plattformen an. Das Unternehmen führt deswegen ein Bezahlabo ein. – Alle Rechte vorbehalten IMAGO / ANP

Metas Geschäft mit personalisierter Werbung gerät weiter unter Druck. Der Europäische Datenschutzausschuss (EDSA) beschloss vergangene Woche, es Meta wegen anhaltender Verstöße gegen die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) zu verbieten, persönliche Daten ohne Einwilligung der Betroffenen für Werbezwecke zu verarbeiten. Es ist die jüngste Eskalation in einem jahrelangen Rechtsstreit zwischen Meta und europäischen Datenschützer:innen.

„Es ist höchste Zeit, dass Meta seine Verarbeitung mit den Vorschriften in Einklang bringt und die unrechtmäßige Verarbeitung einstellt“, so die Vorsitzende des EDSA, Anu Talus. In dem Ausschuss arbeiten die Datenschutzbehörden der EU zusammen, seit diesem Sommer leitet die Finnin Talus das Gremium.

Der EDSA kann seinen Beschluss nicht direkt gegenüber Meta durchsetzen, sondern nimmt die irische Datenschutzbehörde in die Pflicht, ein europaweites Verbot gegenüber Meta auszusprechen. Irland ist federführend zuständig, weil Meta dort seinen Sitz in der EU hat. Dem milliardenschweren Konzern gehören neben Facebook auch WhatsApp und Instagram. Irland hat zwei Wochen Zeit, das Verbot umzusetzen.

Initiative aus Norwegen

Die Entscheidung des Datenschutzausschusses geht auf eine norwegische Initiative zurück. Das Land ist zwar nicht Teil der EU, gehört aber zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) und wendet die Datenschutzgrundverordnung an. Norwegens Datenschutzbehörde hatte Meta im Juli vorübergehend verboten, Werbung zu schalten, die darauf basiert, das Verhalten von Nutzer:innen aufzuzeichnen und Profile über sie anzulegen. Im September bestätigte ein Gericht in Oslo die Entscheidung.

Datenschützer:innen werfen Meta seit längerem vor, dass das Geschäftsmodell des Konzern nicht mit europäischem Datenschutzrecht vereinbar ist. Damit personenbezogene Daten für zielgerichtete Werbung verwendet werden dürfen, bedarf es laut DSGVO einer gültigen Rechtsgrundlage. Dafür kommt nur die informierte und freiwillige Einwilligung der Betroffenen in Frage, so der EDSA. Eine Erwähnung der umfangreichen Datensammlung und -zusammenführung in den AGBs reicht nicht aus. In der Vergangenheit hatte Meta damit argumentiert, dass personalisierte Werbung eine vertragliche Notwendigkeit sei, um seine Dienste erbringen zu können.

Auch eine Anpassung der Rechtsgrundlage half Meta nicht. Der Konzern hatte seine AGB zuletzt geändert und die Datenverarbeitung für Werbezwecke nun damit begründet, er habe daran ein „berechtigtes Interesse“. Dieser Argumentation widersprach allerdings der Europäische Gerichtshof (EuGH) im Juli. Nutzer:innen müssten die Möglichkeit haben, Datenverarbeitungen einzeln abzulehnen, „die für die Erfüllung des Vertrags nicht erforderlich sind“ – ohne gleich auf die Nutzung des sozialen Netzwerks insgesamt verzichten zu müssen.

Das Pur-Abo für Facebook kommt

Eine solche Wahlmöglichkeit will Meta nun offenbar einführen, allerdings nur gegen Bezahlung. Wer Facebook oder Instagram ohne Werbung nutzen will, soll ab November ein Abonnement abschließen können, zumindest wenn man im Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz wohnt. Das Abo kostet zunächst 9,99€ pro Monat für alle Accounts einer Nutzerin, ab März nächsten Jahres dann sechs Euro zusätzlich pro Account. Wenn man das Abo mobil auf iOS oder Android abschließt, kostet es 12,99€.

Damit etabliert der Werbekonzern für seine Dienste eine Art Pur-Abo-Modell, wie es heute schon verschiedene Medien für ihre Online-Dienste anbieten. Meta teilt zum neuen Abo-Modell mit, man glaube weiterhin an ein kostenfreies, werbefinanziertes Internet, respektiere aber die Intention europäischer Gesetze. „Die Option, ein werbefreies Abonnement zu erwerben, trägt den Anforderungen der europäischen Regulierungsbehörden Rechnung, lässt den Nutzer:innen aber gleichzeitig die Wahl und ermöglicht es Meta, weiterhin alle Menschen in der EU, dem EWR und der Schweiz zu bedienen“, schreibt der Konzern.

Ob dieser Weg DSGVO-konform ist, ist noch nicht sicher. In der Mitteilung der europäischen Datenschützer:innen heißt es lediglich, der EDSA habe die Ankündigung zur Kenntnis genommen. Die irische Datenschutzbehörde werde sie prüfen. Der Hamburger Datenschutzbeauftragte Thomas Fuchs sagt dazu: „Ob die geplante Umsetzung durch Meta dies leistet und damit in Zukunft ein insoweit rechtskonformes Angebot vorliegt, ist noch offen.“ Der Datenschützer verweist auf ein Papier der deutschen Datenschutzkonferenz [PDF]. Dieses legitimiert Pur-Abos grundsätzlich, legt aber Bedingungen fest. „Hierzu gehören Granularität bei der Einwilligung, Transparenz und Verzicht auf irreführende Gestaltungsmittel“, sagte Fuchs.

Außerdem ist noch offen, wie Meta künftig mit den Daten minderjähriger Nutzer:innen umgeht. Das Abo-Modell richtet sich an Nutzer:innen über 18 Jahre. „Wir prüfen weiterhin, wie wir Teenagern angesichts der sich entwickelnden rechtlichen Rahmenbedingungen ein nützliches und verantwortungsvolles Werbeerlebnis bieten können“, heißt es in Metas Mitteilung.

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6 Ergänzungen

  1. Im Artikel steht „Meta teilt zum neuen Abo-Modell mit, man glaube weiterhin an ein kostenfreies, werbefreies Internet“. Glaubt Meta nicht vielmehr an ein „kostenfreies, werbe*finanziertes*“ Internet?

  2. Leider komme ich nicht mehr an mein Facebookkonto OHNE mich zu entscheiden, ob werbefrei per Abo (12,99€/Monat) oder MIT Werbung kostenfrei. Dieser Zwang wird spätestens 5 Sekunden nach einloggen in Fb von Meta geschaltet. Somit bin ich zu einer Entscheidung gezwungen, die der freiheitlichen, demokratischen Grundordnung zugegen (Recht auf persönliche Entscheidung) laufen dürfte.

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